In dem Gedichtband „Frieden ohne Krieg“ thematisiert der diesjährige Klopstock-Preisträger seine Familiengeschichte ausgehend von der Flucht seiner Großtante aus Babyn Jar bis hin zur Flucht aus der Ukraine nach Deutschland nach dem russischen Überfall im Februar2022.
„Frieden ohne Krieg“ beginnt mit einem tagebuchartigen erzählenden Langgedicht in einfacher mündlicher Sprache, das die Geschichte seiner jüdischen Familie während des Holocausts bis hin zur Flucht aus der Ukraine nach beginn des russischen Angriffskriegs beschreibt. Dieses und die folgenden zahlreichen Erzählepisoden verbinden dabei stets aktuellste Ereignisse aus dem Krieg mit unmittelbaren Erfahrungen des Dichters und seiner Familie, die damit in Kontext gesetzt werden. Die Gedichte sind hochgradig emotional, privat und autobiographisch. Es entsteht der Eindruck eines nicht-fiktionalen persönlichen Kriegsjournals, einschließlich der Auseinandersetzung mit den zwei Muttersprachen Deutsch und Russisch, die der hadernde Dichter als russischsprachiger ukrainischer Jude nun als kontaminiert begreift, um im letzten Gedicht doch einen Ausblick auf die Möglichkeit von Glück, Frieden und dem Entwachsen von Neuem aus Altem zu bieten. Folgerichtig schließen sich an diesen etwa 50-Seitigen-Zyklus zwei weitere Teile an – eine wieder klassisch gedichthafte leise und feine Auseinandersetzung mit der Tatsache, das Ukrainische Mütter während des Kriegs in die Idee entwickeln, Kontaktadressen auf die Rücken ihrer Kinder zu schreiben, sollten sie selbst im Zuge der Angriffe umkommen, um den Kindern ein Weiterleben zu ermöglichen; sowie ein dreisprachiges Langgedicht, zu gleichen Teilen Deutsch, Russisch und Englisch, das Verbindungen zu T.S. Eliots „The Waste Land“ herstellt und Parallelen zu den Ereignissen aufzeigt, die 2022 inzwischen ihr 100-jähriges Jubiläum fristen und damals zu Faschismus, Krieg und Massenmord geführt haben. Bei aller Verzweiflung dieser Gedichte, scheint jedoch stets Ergriffenheit und damit Hoffnung aus ihnen hindurch. „Frieden ohne Krieg“ ist ein tröstendes aktuelles Werk, eines, das in diesen Zeiten dringend gebraucht wird.
Breygers Lyrik bewegt sich zwischen zwei Ichs: Eines ist durch erlebte Gewalt der Vergangenheit traumatisiert, das andere ist kreativ und spielerisch.
Frank Hertweck, SWR
Die Kunst von Yevgeniy Breyger liegt in der Körperlichkeit seiner Gedichte und wie sie sich durch die Sprachregister, die er zieht, vermittelt.
Insa Wilke, Die ZEIT
1989 in Charkiw in der Ukraine geboren. 1999 Umzug mit der Familie nach Magdeburg, dort Abitur. Studium Kulturjournalismus und Literarisches Schreiben an der Universität Hildesheim, am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und Curatorial Studies an der Städelschule, Frankfurt am Main. Neben mehreren Anstellungen in der Kulturbranche als Kurator und Lektor, Dozenturen und Gastprofessuren im Literarischen Schreiben und Übersetzen am Deutschen Literaturinstitut, an der Universität Hildesheim, an der Ruhr-Uni Bochum und an der Akademie für Sprachkunst Wien. Jurytätigkeiten für den DAAD, das Treffen junger Autor*innen und den Leonce-und-Lena-Preis. Lyrikübersetzungen, sowie Veröffentlichungen mehrerer Gedichtbände und Essays. Im Herbst 2025 erscheint der erste Roman im Suhrkamp Verlag. Vertreten durch die Agentur Landwehr&Cie.
„Frieden ohne Krieg“, kookbooks, 2023
„Am Anfang knäulte das Wort, am Ende platzt der Gottballon“, Stiftung Lyrik Kabinett München, 2023
„Kryptomagie“, mikrotext, 2022
„nichts. manifeste und poeme“, mit Michael Wagener und Eva Köstner, gutleut, 2022
„Ausflug nach innen“, Essay, Verlag Ulrich Keicher, 2021
„Gestohlene Luft“, kookbooks, 2020
„flüchtige monde“, kookbooks, 2016
2024 Klopstock-Preis
2024 Stadtschreiber Helsinki
2024 Écrivain en résidence Sorbonne Université
2023 Christine Lavant Preis
2023 Lyrikpreis des Mondseelandes
2023 manuskripte-Preis des Landes Steiermark
2023 Einladung zur Lesung um den Bachmannpreis
2022 Stipendium der Deutschen Akademie Rom – Casa Baldi
2022 Translator in residency Lancaster University
2021 Lyrikpreis München
2020 Stipendium im Schriftstellerhaus Stuttgart
2020 Stipendium im Herrenhaus Edenkoben
2019 Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds
2019 Leonce-und-Lena Preis der Stadt Darmstadt
Dort, wo ein Gedicht die Notwendigkeit erkennt, nicht bloß Spiegel der Gesellschaft zu sein, verzaubertes Kästchen, Trillerpfeife, Gummihandschuh zum Einmalnutzen und weg damit, sondern sich aufmacht, die Zusammensetzung der Welt zu verstehen, übertritt seine Substanz die Grenze von Gas zu Flüssigkeit, es gerinnt und gerät in – reale – Bewegung. Es wird also lebenstüchtig, lebendig. Es ist keine Kunst, Text zu einem Körper zu Formen. Kunst ist, diesen Körper zu erfüllen und ihn auf eine Reise zu schicken gegen Empathielosigkeit, gegen Dummheit, gegen Gewalt, stellvertretend für sich selbst immer und immer, verletzlich als Text, als Rüstung und zugleich als Gefährt.
Eine Veranstaltung der Synagogengemeinde zu Magdeburg K.d.ö.R. in Kooperation mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und dem Forum Gestaltung e. V.
Die Tage der jüdischen Kultur und Geschichte sind ein Gemeinschaftsprojekt von:
• Forum Gestaltung e. V.
• Förderverein „Neue Synagoge Magdeburg“ e. V.
• Arbeitsgemeinschaft Magdeburg der DIG e. V.
• Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Sachsen-Anhalt e. V.
• Jüdische Gemeinde zu Magdeburg e. V.
• Jüdischer Frauenverein BeReshith e. V.
• Sozial-kulturelle Vereinigung „Meridian“ e. V.
• Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg K.d.ö.R.
Mit freundlicher Unterstützung von:
• Kulturbüro der Landeshauptstadt Magdeburg
• Staatskanzlei und Kulturministerium Sachsen-Anhalt
• Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt
• Lotto GmbH Sachsen-Anhalt
• Hotel Ratswaage, Magdeburg
• Städtische Werke Magdeburg
19.00 Uhr
5,00 €
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